Bildung

Auf einbem Tisch stehen Stifte in einem Becher. Im Hintegrund ist eine Schultafel zu sehen, auf die eine Rakete gemalt ist.
© Foto: Romolo Tavani, Adobe Stock

Die große Pause ist vorbei.

Wir brauchen ein Schulsystem, das Vielfalt und Vielseitigkeit der Menschen in den Vordergrund stellt. Ein System, das jedem Menschen die gleichen Chancen auf ein lebenslanges Lernen und einen Aufstieg ermöglicht.

Um individuelle Talente angemessen zu fördern, darf die berufliche Bildung gegenüber der akademischen nicht länger benachteiligt werden.  In diesem Zuge ist es sinnvoll, auch die Realschule, die Haupt- und Werkrealschule und das Erfolgsmodell der dualen Ausbildung weiter zu stärken.

Das Dauerthema Lehrermangel muss mit ausreichenden Studienplätzen beseitigt und der Lehrerberuf muss wieder attraktiver gestaltet werden. Auch die Flexibilität und Agilität unserer Schulen, z.B. durch Ausprägung von Online-Unterricht, sind uns ein wichtiges Anliegen und für die Zukunft unserer Kinder von hohem Wert. Mit Maßnahmen wie der Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung fördern wir den Gedanken, dass wir nicht die eine Schule für alle, sondern die richtige Schule für jeden erhalten.

Im digitalen Zeitalter müssen wir den Menschen von Kindesbeinen an Medienkompetenz vermitteln, um die Informationsflut richtig einzuschätzen. Wir werden Schülerinnen und Schüler auf die weitgehend digitalisierte Welt vorbereiten und Lehrerinnen und Lehrer im Bereich Medienkompetenz weiterbilden.

Unsere Positionen im Einzelnen:

In den bundesweiten und weltweiten Vergleichsstudien haben die baden-württembergischen Schüler noch vor zehn Jahren innerhalb Deutschlands vorderste Plätze eingenommen. Inzwischen überholen uns andere Bundesländer – Baden-Württemberg ist auf ein Mittelmaß zurückgefallen. Die auf diese Weise offenbar gewordenen Qualitätsdefizite sind nach unserer Auffassung hausgemacht und Folge bildungspolitischer Fehlentscheidungen. Wir streben deshalb für die nächste Legislaturperiode eine Qualitätsoffensive an, die unser Schulleistungsniveau wieder an die Spitze der Bundesländer bringen soll. Wir wollen die mangelnde Verlässlichkeit in der Bildungspolitik beenden und den Schulen einen geeigneten, über Regierungswechsel hinaus verlässlichen Rahmen für eine exzellente Bildungsarbeit geben.

Dazu braucht es einen Kraftakt für eine erstklassige Bildung in Baden-Württemberg. Dieser Kraftakt soll jedoch ausdrücklich keine Einigung auf den kleinsten gemeinsamen bildungspolitischen Nenner sein. Vielmehr zielt diese Anstrengung darauf ab, unserem Schulwesen Freiheit zu sichern – Freiheit vor Bevormundung durch die jeweilige Regierung und Freiheit zur Gestaltung eines den Bedürfnissen des Einzelnen entsprechenden, zu den Bedingungen vor Ort passenden und an der Qualität orientierten Bildungsangebots.

Einrichtungen der Kindertagesbetreuung sind auch Bildungseinrichtungen. Hier hat die Qualität des Bildungsangebots daher hohe Priorität. Eine Vielfalt der Angebotsformen erlaubt es Eltern, die individuell passende Kindertagesbetreuung für ihr Kind zu finden. Wir treten auch im Bereich der frühkindlichen Bildung für eine möglichst weitgehende Wahlfreiheit und einen Wettbewerb der Angebote ein.

Eine landesweite Quote von bis zu 99 Prozent bei der Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertagesbetreuung zeigt, dass die gelegentlich in die Diskussion gebrachte Gebührenfreiheit für Kinderbetreuungsangebote nicht erforderlich ist. Sollten sich in diesem Bereich finanzielle Spielräume ergeben, sind sie für Investitionen in Qualität und Ausbildung weiterer pädagogischer Fachkräfte zu nutzen, denn landesweit sind zahlreiche Stellen für Erzieherinnen und Erzieher nicht besetzt.

In der Grundschule wird die entscheidende Basis für den späteren Bildungsweg eines Menschen gelegt. Vor diesem Hintergrund ist es unerträglich, dass an den Grundschulen des Landes ein spürbarer Lehrermangel besteht und vorhandene Stellen nicht besetzt werden können. Die Herausforderungen für die Grundschullehrerinnen und -lehrer sind durch die oft heterogene Zusammensetzung der Klassen in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Leider trägt die Besoldung der Grundschullehrer dieser Entwicklung bis heute nicht Rechnung.

Die Haupt- und Werkrealschulen haben über viele Jahre ihre herausfordernde Aufgabe mit beachtlichem Erfolg erfüllt. Durch die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung und die Einführung der Gemeinschaftsschule wurde ihr Angebot leider deutlich reduziert. Trotzdem besuchen noch immer mehr als 65000 Schülerinnen und Schüler die 235 Haupt- und Werkrealschulen im Land. Im Sinne eines differenzierten Bildungsangebotes brauchen sie statt einer weiteren Schwächung eine Weiterentwicklung.

Die Gemeinschaftsschulen ergänzen das Bildungsangebot in Baden-Württemberg. Wir werden sie – im Sinne des von der FDP bereits 2014 ausgerufenen Schulfriedens – trotz mancher Bedenken gegen ihr pädagogisches Konzept nicht abschaffen, aber ihre Privilegierung gegenüber anderen weiterführenden Schulen beenden. Die Gemeinschaftsschule soll unter gleichen Wettbewerbsbedingungen wie die anderen weiterführenden Schulen arbeiten. Nicht zuletzt müssen sie das Recht erhalten, Noten und Nichtversetzung wiedereinzuführen und Klassen auf unterschiedlichen Leistungsniveaus zu bilden.

Die Realschule genießt mit ihrer zielstrebigen und leistungsfördernden Pädagogik das Vertrauen der Wirtschaft und vieler öffentlicher Einrichtungen, in denen Realschulabsolventen mit dualer Ausbildung, mit Fachschulausbildung oder mit Hochschulabschluss qualifizierte Arbeit leisten. Sie sind seit vielen Jahren die Kaderschmieden des Mittelstandes und sorgen für ein solides Bildungsniveau in Baden-Württemberg. Durch Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung und staatliche Eingriffe in die pädagogische Freiheit der Realschulen (wie das Verbot der Nichtversetzung in Klasse 5) haben sich die Rahmenbedingungen für die Schüler und Lehrer an den Realschulen in den letzten Jahren deutlich verschlechtert.

Wir werden diesen „Allgemeinbildenden Realschulen“ ebenfalls wieder eine verlässliche Zukunftsperspektive bieten und durch mehr Homogenität der Schülerschaft den Weg für eine neue Qualitätsoffensive öffnen.

Auch die Gymnasien haben durch die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung, jedenfalls in den unteren Klassen, eine deutliche Veränderung ihrer Aufgabenstellung erfahren, die nicht mehr den klassischen Qualitätsansprüchen entsprechen kann. Dieser Entwicklung wollen wir durch die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung entgegenwirken. Im Sinne eines differenzierten Bildungsangebots für jeden Schüler wollen wir jedem einzelnen Gymnasium die Freiheit geben, ein achtjähriges oder ein neunjähriges Gymnasialangebot oder eine Kombination beider Angebote zu gestalten.

Einen unverzichtbaren Teil des gymnasialen Angebots in Baden-Württemberg bieten die beruflichen Gymnasien an, die den Schülern mit mittlerem Bildungsabschluss ein differenziertes Angebot zum Erwerb der Hochschulreife machen und dabei eine bemerkenswert hohe Erfolgsquote aufweisen.

In Baden-Württemberg sorgen die beruflichen Schulen mit einem vielfältigen und hochwertigen Bildungsangebot dafür, dass die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung gelebte Wirklichkeit ist. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die enge Zusammenarbeit mit den Unternehmen und Betrieben im Rahmen der dualen Ausbildung.

Die Politik der grün-roten Landesregierung in den Jahren 2011 bis 2016 hatte das durch ein problematisches Menschenbild generierte Ziel, dass die Hälfte eines jeden Jahrgangs eine akademische Ausbildung absolvieren soll. Dies hat zu einer messbaren Erosion an den beruflichen Schulen des Landes geführt. Im Interesse einer wohnortnahen qualifizierten dualen Ausbildung müssen wir die Ausstattung der Berufsschulfachklassen in der dualen Ausbildung mindestens auf dem bisherigen Niveau festschreiben. Wir dürfen damit rechnen, dass die Nachfrage nach dualen Ausbildungsplätzen in den nächsten Jahren wieder ansteigen wird und müssen dafür die notwendigen Ressourcen bereitstellen.

Wir streben für alle Menschen mit Behinderungen oder mit besonderem Förderbedarf die bestmögliche Bildung an und sehen die SBBZ als wichtige Säule des Schulsystems.

Dafür stehen in Baden-Württemberg hervorragend qualifizierte Schulen mit sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (ehemals Sonderschulen) bereit, auf die wir nicht verzichten wollen. Sie bieten in vielen Fällen das beste Bildungsangebot für die betroffenen jungen Menschen. Daneben ist in geeigneten Fällen eine Inklusion der betroffenen Schülerinnen und Schüler in die allgemeinbildenden Schulen möglich, die allerdings wegen begrenzter personeller und technischer Ressourcen nicht immer reibungslos gelingt. Eine gute Kombination beider Vorgehensweisen sind die Außenklassen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, die den allgemeinbildenden Schulen angegliedert sind und mit diesen in vielfältiger Weise kooperieren. Mit diesen Außenklassen werden alle Anforderungen an eine inklusive Bildung erfüllt und Wahlmöglichkeiten eröffnet.

Die Schulen in freier Trägerschaft ergänzen und bereichern das Bildungsangebot in Baden-Württemberg. Sie tragen entscheidend dazu bei, dass für jeden Schüler und jede Schülerin das individuell passende Bildungsangebot bereitsteht. Leider erfahren die freien Schulen nicht immer die Wertschätzung, die sie verdienen. So mussten sie viele Jahre vergeblich um die notwendige Anpassung der staatlichen Zuschüsse kämpfen, die verfassungsrechtlich garantiert ist und den freien Schulen ein Angebot ermöglicht, das nicht nach den finanziellen Möglichkeiten der Familien differenziert.

Auch für diese Schulen streben wir eine verlässliche Zukunftsperspektive an.

Automatisierung, Digitalisierung, Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz: Die Informationstechnik ist eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Kaum ein Beruf wird in Zukunft noch ohne Mittel und Methoden der Informationstechnik auskommen.

In den Schülerinnen und Schülern die Begeisterung für die Chancen und Möglichkeiten einer digitalen Zukunft zu wecken und sie auf eine weitgehend digitalisierte Welt vorzubereiten sowie die Chancen der Digitalisierung im Unterricht und in der Verwaltung zu nutzen, ist Aufgabe und Herausforderung für Schulen und andere Bildungsträger.

Das bedarf einerseits entsprechender Lehrinhalte, die von fachkundigen Lehrerinnen und Lehrern angeboten werden, andererseits notwendiger technischer Ausstattung, über die die Schulen in Baden-Württemberg bis heute nur in den seltensten Fällen verfügen. Dieser Mangel ist nicht nur den knappen Ressourcen der Schulträger geschuldet, sondern auch dem zögerlichen und hinhaltenden Verhalten, welches die baden-württembergische Landesregierung an den Tag gelegt hat, indem sie den Digitalpakt zwischen Bund und Ländern mit ihren Bedenken und Einwendungen verzögert hat. Die Digitalisierung erfordert nun ein entschlossenes Handeln des Landes sowie der kommunalen und freien Schulträger.

Die Erfahrungen in der Zeit der Pandemie bestätigen unsere Haltung, dass die vorhandene Digitalisierung in den Schulen noch in den Kinderschuhen steckt, und verdeutlichen einen umso dringenderen Handlungsbedarf.

Die baden-württembergische Hochschullandschaft zeichnet sich durch ihre regionale und fachliche Vielfalt aus. Jeder Studierende kann entsprechend seiner Neigung und Eignung das für ihn passende Studienangebot finden. Wir Freie Demokraten wollen an dieser Vielfalt festhalten und deshalb auch die kleineren Hochschulstandorte stärken und mit der notwendigen finanziellen Ausstattung versehen.

Wir unterstützen die Universitäten, die sich im bundesweiten Wettbewerb um die besten Studentinnen und Studenten und die besten Professorinnen und Professoren durch Exzellenz in der Lehre und in der Forschung auszeichnen. Die Pädagogischen Hochschulen sind wichtige Säulen der Lehrerausbildung und sollen als baden-württembergische Besonderheit erhalten bleiben.

Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind für die Ausbildung von Ingenieuren und Betriebswirten sowie für viele Berufe im öffentlichen Dienst unverzichtbar und leisten ebenfalls eine exzellente Arbeit. Sie brauchen verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen und mehr Beachtung durch die Landespolitik.

Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) ist mittlerweile die größte Hochschule im Land. Wir wollen den 2009 begonnenen Kurs des Zusammenwachsens der Studienakademien zu einer Hochschule unterstützen und setzen auch in Zukunft auf die enge Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und der Hochschule.

Die Musik- und Kunsthochschulen sind in der baden-württembergischen Hochschullandschaft ebenfalls unverzichtbar. Wir würden es begrüßen, wenn dort noch mehr Studieninteressierte aus dem Land einen Studienplatz finden könnten.

Mit der Neufassung des Landeshochschulgesetzes 2005 haben die baden-württembergischen Hochschulen einen beachtlichen Zuwachs an Freiheit von staatlicher Gängelung bekommen. Aus unserer Sicht ist diese Hochschulfreiheit unabdingbare Voraussetzung für die Qualität von Forschung und Lehre.

Die Corona-Krise des Jahres 2020 hat zu einem monatelangen Verbot des Präsenzunterrichts an den Schulen und Hochschulen des Landes geführt. Wir haben die Schließung der Bildungseinrichtungen als Instrument der Pandemiebekämpfung mitgetragen, hätten uns aber gewünscht, dass Schulen und Hochschulen besser auf diese Krisensituation vorbereitet gewesen wären.

Es gilt nun, Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen und das Schulsystem durch Veränderungen krisenfester zu machen. Dabei wollen wir am Präsenzunterricht und der unmittelbaren Begegnung zwischen Lehrern und Schülern und zwischen Professoren und Studenten als zentralem Baustein des schulischen und universitären Bildungsangebots festhalten. Wir sehen allerdings, dass nicht nur für Krisenzeiten ein breiteres methodisches Repertoire zur Verfügung stehen muss, das auch den durch das Internet vermittelten Fernunterricht als weiteren Baustein umfasst. In jedem Fall bleiben in der Schule die Lehrerin und der Lehrer, in der Hochschule die Professorin und der Professor die zentrale Bezugsperson und diejenigen, die das Bildungsangebot verantwortlich gestalten. In den Schulen soll darüber hinaus die Erziehungspartnerschaft zwischen Lehrern und Eltern intensiv gelebt werden.

Außerdem gilt es, die Defizite, die durch die Zwangspause im Jahr 2020 entstanden sind, aufzuarbeiten und zu beheben. Dazu vertrauen wir auf die Kreativität der einzelnen Schulen und Hochschulen, die diese Aufgabe mit Methoden lösen werden, die den jeweiligen örtlichen, technischen und personellen Verhältnissen Rechnung tragen.