Vielfalt in Deutschland erhalten – Migration steuern und kontrollieren
Migration ist ein fester Bestandteil der deutschen Geschichte. Vor der Gründung des Deutschen Reiches war streng genommen bereits ein Umzug von Ulm nach Mannheim eine Migration. Schon von der Reichsgründung bis 1910 stieg die Anzahl der registrierten Ausländer von 206.000 auf 1,3 Millionen. Auch damals waren die Gründe vielfältig und meistens in der wirtschaftlichen Lage im Heimatland begründet. Insbesondere im letzten Jahrhundert profitierte Deutschland stark von der Migration. In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden gezielt Gastarbeiter angeworben, um uns bei dem schon damals bestehenden Arbeitermangel zu unterstützen. Viele dieser Menschen haben sich bei uns integriert. Ihre Traditionen und Lebensweisen bereichern unsere Gesellschaft.
Anfang dieses Jahrhunderts ist eine weltweite Migrationsbewegung in Gang gekommen, welche erneut auf dem Unterschied in den Lebensbedingungen weltweit beruht. Krieg, Hunger, mangelnde Freiheit, generell der Wunsch nach besseren Lebensbedingungen sind Gründe warum Menschen ihre Heimat verlassen und sich auf den Weg nach Europa und Deutschland begeben.
Zum Auftakt der Interkulturellen Wochen 2015 hat daher der damalige Bundespräsident Joachim Gauck festgestellt: „Unsere Herzen sind weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“. Diese Feststellung sehen wir jeden Tag in Deutschland – Städte und Kommunen sind überfordert die aktuelle Anzahl Menschen bei uns angemessen zu versorgen. Es fehlt an räumlichen, personellen und finanziellen Ressourcen. Aufgabe Deutschlands ist es jedoch, die Migration zu steuern und zu kontrollieren.
Damals haben die Freien Demokraten klare Vorstellungen von Asyl und Zuwanderung entwickelt, welche bis heute ihre Gültigkeit haben, dem 4-Türenprinzip: Asyl, Flucht, Zuwanderung und die Rückführung.
Dabei kämpft die FDP seit Jahren für ein Asyl- und Einwanderungsrecht mit klaren Kriterien, das zwischen Asyl für individuell politisch oder religiös Verfolgte, zeitlich befristeten Schutz für Flüchtlinge und qualifizierte Einwanderung in den Arbeitsmarkt unterscheidet. Aus historischer Verantwortung schützen wir diejenigen, die einen berechtigten Asylgrund haben oder vor Krieg flüchten. Gerne nehmen wir diejenigen auf, die bei uns einen Beitrag im Arbeitsmarkt leisten können und wollen und dabei unsere freiheitliche Gesellschaft als favorisierten Gesellschaftsentwurf zu schätzen wissen und selbst leben.
Zu einem geordneten Einwanderungs- und Asylrecht gehören für uns funktionierende Regelungen. Behörden und Gerichte sind so auszustatten, dass Asylverfahren nicht Monate und Jahre dauern. Rückführungen müssen schnell und effizient sein. Grundvoraussetzung für eine geordnete Migrationspolitik ist, dass wir wissen, wer zu uns kommen will.
Die FDP hat im Bund erste wichtige Maßnahmen zur Migrationswende durchsetzen können
Mit der im Mai 2024 beschlossenen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) haben wir erstmals verbindliche Regeln in Europa, um Migration zu steuern und zu ordnen. Dazu gehören u.a. verlässliche Kontrollen an den EU-Außengrenzen, verpflichtende Grenzverfahren, ein europaweiter solidarischer Verteilmechanismus sowie eine Ausweitung der Registrierung von Schutzsuchenden in der EURODAC- Datenbank. Die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die EU-Mitgliedsstaaten sind am Zug, diese wichtige Reform in der Praxis zum Erfolg zu führen.
Mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz haben wir Möglichkeiten geschaffen, um Abschiebungen schneller und konsequenter durchführen zu können. So wurde zum Beispiel der Ausreisegewahrsam von zehn auf 28 Tage erhöht, aufschiebende Wirkungen von Klagen bei abgelehnten Asylanträgen deutlich eingeschränkt sowie Ausweisungsregelungen verschärft. Zudem haben wir die Leistungskürzung für Asylbewerber von 18 Monate auf 36 Monate erhöht und so den Anreiz zur Einwanderung in den Sozialstaat gesenkt.
Die FDP hat sich in der letzten Koalition auch dafür eingesetzt, dass Schleuserkriminalität effektiver als bisher bekämpft wird. Im Oktober 2023 wurde die vorübergehende Wiedereinführung der Kontrolle der Binnengrenzen zur Schweiz, zu Tschechien und Polen angeordnet. Am 16. September 2024 wurden die Grenzkontrollen auf Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Belgien und Dänemark ausgeweitet und danach regelmäßig verlängert – Maßnahmen, auf welche Kanzler Merz aufbaut. Zudem erhöhte schon die letzte Koalition die Strafen für Schleuser und weitete die Ermittlungsbefugnisse im Einsatz gegen Schleuser deutlich aus. Darüber hinaus haben wir dafür gesorgt, dass das mutwillige Vernichten der eigenen Ausweisdokumente als Tatbestand aufgenommen wurde, der zu einer Ablehnung des Asylantrags führt.
Grün-Schwarz in Baden-Württemberg muss mehr liefern!
In den letzten Jahren hat die FDP in Regierungsverantwortung den Instrumentenkasten der Länder bei der Begrenzung und Steuerung von Migration zwar mit den oben genannten Gesetzen gut gefüllt. Für den Vollzug vieler dieser Gesetze sind aber die Länder zuständig. Die grün-schwarze Landesregierung lässt jedoch das notwendige Engagement bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber vermissen. Wir brauchen dringend eine Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren. Schnellere Rechtssicherheit hilft allen Beteiligten.
Dringend erforderlich ist der Ausbau der Abschiebegewahrsamsplätze in Baden-Württemberg. Die von der Bundesregierung beschlossene Verlängerung des Abschiebegewahrsams auf 28 Tage geht ins Leere, wenn nicht genügend, auch dezentrale Plätze zur Verfügung stehen. Das gilt auch für weitere Maßnahmen wie beschleunigte Überstellungen nach der Dublin-Verordnung, die nur funktionieren können, wenn die Länder genügend Abschiebegewahrsamsplätze vorhalten.
Die von der Landesjustizministerin Gentges (CDU) eingerichtete Landesagentur für die Zuwanderung von Fachkräften unterstützen wir, fordern darüber hinaus aber eine Straffung der 135 Ausländerbehörden in Baden-Württemberg. Deutschland ist auf die Einwanderung von qualifizierten, fleißigen und integrationswilligen Menschen angewiesen, wenn wir unseren Wohlstand auch zukünftig erhalten wollen. Als wirtschaftsstarkes Bundesland hat Baden-Württemberg einen besonders starken Bedarf an Fachkräften. Die Schwierigkeiten, Arbeitskräfte beispielsweise im IT-Bereich, im Handwerk oder in der Pflege zu bekommen, sind hinlänglich bekannt.
Das Land muss zudem seinen Beitrag zur Entlastung der Kommunen liefern. Es ist für die FDP Baden-Württemberg nicht verständlich, dass das Land trotz freier Ressourcen in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen Asylantragsteller sehr schnell aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen auf die Kommunen verteilt. Kommunen müssen die Gewissheit haben, dass diejenigen Personen, die ihnen zugeteilt werden, auch eine realistische Bleibeperspektive nach positiv beschiedenem Asylantrag haben. Wir fordern Grüne und CDU auf, diese Praxis so lange einzustellen, solange freie Kapazitäten in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen vorhanden sind.
Fachkräfteeinwanderung erleichtern
Fehlende Fach- und Arbeitskräfte sind an vielen Stellen ein Wachstumshindernis für unsere Wirtschaft. Als FDP Baden-Württemberg setzen wir uns dafür ein, dass es unseren Unternehmen leichter als heute gemacht wird, fehlende Arbeitskräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Anders als die aktuelle Bundesregierung wollen wir die ergfolgreiche Westbalkanregel stärken und diese auf weitere Länder mit Migrationsabkommen ausdehnen. Für viele kleinere und mittlere Unternehmen ist die Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte derzeit noch schwierig bis unmöglich, obwohl sie dringend auf sie angewiesen wären. Als FDP Baden-Württemberg setzen wir hier auf eine Verstärkung des privaten Vermittlungsmarktes - der allerdings nach klaren Regeln zu arbeiten hätte, wie dies beispielsweise bei der bisher ausgeschlossenen Zeitarbeit der Fall wäre. Für größere Arbeitgeber wäre eine Zertifizierung zur Anstellung ausländischer Arbeitskräfte wünschenswert, um so Verfahren zu beschleunigen.
Unsere liberale Gesellschaft braucht Rückhalt des Staats und der Menschen
Insgesamt sehen wir, wie unsere freiheitliche Gesellschaft von unterschiedlichen Seiten unter Beschuss geraten ist. Ideologisch gefestigte Populisten, Extremisten und religiöse Fanatiker attackieren die offene Gesellschaft und nutzen dazu die Freiräume der Gesellschaftsordnung, die sie abschaffen möchten.
Migration und Integration müssen zusammengedacht werden. Auf die Integration in unsere Wertegemeinschaft ist mehr Wert zu legen. Verantwortliche Politik darf nicht übersehen, dass mit der Migration unterschiedliche Gesellschaftskonzepte in Konkurrenz treten. Die Gründe der Migration sind wie vor 200 Jahren vielfältig - politische und persönliche Verfolgung, Krieg, aber auch wirtschaftliche Not und der Wunsch nach sozialer Sicherheit führen die Menschen nach wie vor nach Europa und insbesondere nach Deutschland. Nur weil ein Mensch aus seinem Land flüchtet teilt er aber nicht automatisch die Werte des Landes, in welches er flieht. Es sind aber Werte wie die Freiheit für jedermann, Gleichheit und Demokratie, die die Basis unserer sozialen Sicherheit darstellen und die von niemandem zur Disposition gestellt werden dürfen.
Dementsprechend kann es für uns beispielsweise kein tatenloses Hinnehmen geben, wenn nach dem rechts- und linksextremen Antisemitismus nun verstärkt ein Antisemitismus nahöstlicher Tradition in unserem Land Verbreitung findet.
Wir dürfen nicht dulden, dass Menschen wegen ihrer sexuellen Identität angegriffen und angefeindet, Frauen als dem Mann nicht ebenbürtig angesehen werden.
Wer Aufnahme in unserm Land begehrt, muss Freiheit wollen, muss Gleichheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wertschätzen. Integration ist für uns nicht nur ein Angebot an die Menschen, die hierherkommen. Integration ist für uns auch eine Pflicht der Menschen, die unser Land und unsere Gesellschaft um vorübergehende oder dauerhafte Aufnahme gebeten haben. Integrationsverweigerung ist daher nicht hinnehmbar. In Sachen innerer Liberalität, Humanität und Toleranz kann es für niemanden Rabatt geben.
Weitere gemeinsame Schritte müssen folgen
Die demokratische Mitte kann und muss ihre gemeinsame Handlungsfähigkeit in der Frage der Migration beweisen. Deshalb hatten wir schon im letzten Jahr in den Gesprächen mit der Union einen Plan für effektive Zurückweisungen vorgestellt, der auch Gewahrsamszentren für zurückgewiesene Migranten vorsieht. Damit wollten wir verhindern, dass jemand nach einer Zurückweisung die Grenze an anderer Stelle wieder übertritt, was bei der derzeitigen Praxis nicht ausgeschlossen werden kann.
Als FDP Baden-Württemberg fordern wir:
- Eine Aufrechterhaltung der intensivierten Grenzkontrollen mit Zurückweisungen an den deutschen Grenzen bis zu einer EU-weit tatsächlich funktionierenden Migrationsbegrenzung.
- Die Fortsetzung der Abschiebeflüge nach Afghanistan sowie in weitere sichere Herkunfsländer. Dafür müssen die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern intensiviert und Abkommen mit den entsprechenden Staaten geschlossen werden. Allerdings muss bei jeder Zusammenarbeit mit Drittstaaten darauf hingewirkt werden, dass dort menschenrechtlichen Standards eingehalten werden.
- Zudem muss die Bekämpfung krimineller Schlepperbanden eine zentrale Aufgabe sein. Hier sollte eine Kombination aus verstärktem gemeinsamen Grenzschutz an den EU-Außengrenzen, gezielten Operationen gegen Schleusernetzwerke und die Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit innerhalb der EU angestrebt werden.
- menschenrechtliche Standards eingehalten werden.
- Den sofortigen Beginn der Erprobung von Asylverfahren in Drittstaaten sowie Abschiebungen in aufnahmebereite Drittstaaten. Hierfür sind Abkommen mit Staaten abzuschließen, die idealerweise nahe der Krisenregion liegen.
- Einen neuen Schutzstatus für Ukrainer mit direktem Zugang zum Arbeitsmarkt, aber geringeren Leistungen („Rechtskreiswechsel“).
- Den konsequenten Verbleib von Asylbewerbern mit geringer Bleibeperspektive in Erstaufnahmezentren.
- Die dauerhafte Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte. Stattendessen sollen Einreisevisa für Familienangehörige möglich sein, sofern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf Antrag eine positive Prognoseentscheidung über die Schutzberechtigung des Familienangehörigen trifft.
- Einen deutlichen Ausbau des Schutzgewahrsams in Baden-Württemberg.
- Um eine Freizügigkeit zu erhalten oder den vollen Schutz- und Leistungsumfang zu erlangen, müssen die zu uns kommenden Menschen uns ihre Identität nachweisen. Die Praxis, dass es Vorteile hat, ohne nachgewiesene Identität nach Deutschland zu kommen und seine Ausweispapiere vor unserer Grenze zu vernichten, muss beendet werden.
- Wir wollen das europäische Recht dahingehend ändern, dass Menschen im Asylverfahren oder mit Flüchtlingsstatus nur noch in existenziellen Ausnahmen in ihre Heimatländer vorübergehend zurückkehren können, ohne ihren Schutzstatus in Deutschland zu verlieren.